Migration, Stadtplanung und (digitale) Beteiligung: Der Stand der Fachdiskussion
Zum Projektstart setzte sich das Team der TU Dortmund mit dem aktuellen Fachdiskurs über Migrationskonzepte, über Beteiligung in der Stadtentwicklung und die Rolle digitaler Partizipation auseinander, um mit der eigenen Projektarbeit auf diesen Erkenntnissen aufbauen zu können. Wesentliche Ergebnisse der Recherche sind nachfolgend kurz zusammengefasst.
In der Migrationsforschung existieren unterschiedliche Konzepte, die gesellschaftlichen Wandel in Folge von Zuwanderung verstehen helfen. Alle Konzepte bieten unterschiedliche Perspektiven auf das Thema und beleuchten jeweils spezifische Fragen, die auch im Kontext von INTERPART relevant sind. Insbesondere zu den Konzepten „Interkultur“ und „Postmigration“ lassen sich Bezüge herstellen. Konzepte wie „emplacement“, „Transnationalismus“ oder „Super-Diversity“ bieten weitere Möglichkeiten für die Interpretation der eigenen empirischen Erkenntnisse an.
Die planungstheoretische Auseinandersetzung mit Bürgerbeteiligung in der Stadtentwicklung zeigte eine bisher offenbar unüberwindbare Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit der kommunikativen Wende. Aktuelle Planungstheorien betonen die Bedeutung von Beteiligung im Sinne von Ko-Produktion, Ansätze zur Umverteilung von Macht sowie neue performative Ansätze und Storytelling-Formate. „Klassische“ Beteiligung spielt zwar an vielen Stellen in der Praxis eine Rolle, gilt aber planungstheoretisch eher als unambitioniert. Der Begriff „Beteiligung“ ist allerdings insofern problematisch, als er unterschiedliche Stufen auf der von Sherry Arnstein entwickelten „Leiter der Partizipation“ umfasst, so dass er ggf. stärker zu differenzieren ist. Es ist jeweils im konkreten Fall zu prüfen, wann und wo ein Anspruch an Beteiligung erhoben wird, welcher Grad der Mitwirkung angestrebt ist und welche Rolle soziale Medien und Online-Dienste spielen können.
Ansätze interkultureller Integration und Diversity-Konzepte lassen sich in der Praxis der Stadtentwicklung bereits finden. Ihr Erfolg lässt sich bisher allerdings nur schwer messen. Noch gibt es wenig systematisches Wissen darüber, wie sich Handlungspraktiken lokal unterschiedlich herausbilden, wie sie organisatorisch ausgestaltet sind, wie leistungsfähig sie sind, worin ihre Grenzen liegen und wie aktuelle Versuche des Aufbaus eines kommunalen Integrationsmanagements daran anschließen könnten. Damit alle Menschen an der Gestaltung städtischer Räume mitwirken können, sollten Migrant*innen ohne gezielte Ansprache im Sinne einer inklusiven Stadt beteiligt werden. Möglicherweise bietet Gender Mainstreaming eine Orientierung in der zunehmenden Komplexität sozialer Rollen und Lebensverhältnisse, die in der Stadtplanung berücksichtigt werden sollen. Kollektive Anstrengungen sind dabei nicht nur auf Seiten der Migrant*innen, sondern auch von Seiten der Aufnahmegesellschaft erforderlich. Mit einem Wechsel zu Interkulturalität als integrationspolitischem Grundsatz öffnen sich Stadtverwaltungen einer differenzierten Betrachtung der Gesellschaft, wodurch die vorherrschende kulturelle Kategorisierung und das herkunftsbegründete Anderssein relativiert werden.
Die Auswertung der Fachdiskussion zum Stand der Umsetzung digitaler Beteiligung, zu Smart und E-Government verdeutlichen die Herausforderungen für kommunale Verwaltungen durch die rasanten technologischen Veränderungen. Die Anwendungsmöglichkeiten neuer Tools sind vielfältig und eröffnen neue Möglichkeiten der Partizipation. Dennoch bleiben Fragen ungeklärt: bezogen auf Datensicherheit und die digitale Spaltung – nicht jede*r hat Zugang bzw. nutzt digitale Medien – sowie die Umsetzung. Im Zusammenhang mit der Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund und Zugewanderten ist für INTERPART von Interesse, inwiefern die digitale Beteiligung unter Berücksichtigung der diskutierten Themen dazu beitragen kann, interkulturelle Räume der Partizipation zu ermöglichen. Dabei wird der Stand der Forschung sowie der Stand der konkreten Umsetzung bestehender Konzepte zu interkultureller Integration, Diversity und Gender Mainstreaming in den Stadtverwaltungen berücksichtigt.