Fachworkshops: Interdisziplinäre, geschützte Denkräume für die Verwaltung
Ein zentrales Element der Ko-Forschung in INTERPART waren interdisziplinäre Fachworkshops mit den beteiligten Planungs- und anderen Fachverwaltungen, die für Beteiligungsprozesse in der Planung relevant sind. Fachworkshops ermöglichen einen niedrigschwelligen Wissenstransfer für die Beteiligten und zwischen ihnen. Sie zielen auf ein thematisch begründetes Aufbrechen von Silostrukturen in den Verwaltungen und dienen der kooperativen Entwicklung von Lösungsansätzen für (hier) konkrete Beteiligungsaufgaben sowie die dafür erforderliche fachliche und strategische Zusammenarbeit.
Sie befördern jedoch nicht nur den Umgang mit konkreten fachlichen Aufgaben, sondern sind auch hilfreich für tiefgreifende Veränderung in den Strukturen von Verwaltungen (institutionellen Wandel): So haben Fachworkshops auch eine wichtige Funktion für das Erkennen und Diskutieren fachlicher Differenzen sowie – insbesondere im Kontext von Interkultur – die Sensibilisierung für fachliche und persönliche Haltungen und Positionen zum Thema. Eine solche Form der Reflexion und ressortübergreifenden Bearbeitung von Fachaufgaben und auch Tabuthemen ist im Arbeitsalltag von Verwaltungen – mit seinen fachlichen und strukturellen Routinen – häufig noch Innovation.
Fachworkshops erfordern die Bereitschaft zu wertschätzender, den Raum der eigenen Fachsprache öffnenden Kommunikation. Sie finden statt in Räumen, in denen Gruppenarbeit, Bewegung im Raum und die Visualisierung von Ergebnissen möglich sind. Die Moderation gestaltet bewusst und mit Methodenvielfalt Interaktionen zwischen den Beteiligten und unterstützt die Entwicklung von Vereinbarungen für die Integration der Ergebnisse in den Arbeitsalltag.
Gelingensbedingung ist zum einen die strenge Orientierung an den Bedürfnissen der am Workshop Beteiligten/Nutzer*innen der Ergebnisse, zum anderen die Ressource Zeit: Zeit für die Veranstaltung, Zeit für die Umsetzung der Ergebnisse in Verwaltungs- und Kommunikationsroutinen, die dem strukturell häufig noch entgegenstehen.
Als Instrument, Planungsverwaltung für Beteiligungsprozesse zu qualifizieren, bringen Fachworkshops viele Vorteile mit sich: In einer aus den Alltagsroutinen gelösten Arbeitssituation setzen sich die Teilnehmenden intensiv mit einem Thema auseinander, üben sich im Perspektivwechsel. Der geschützte Denkraum bietet eine ideale Gelegenheit, gemeinsam Lösungsmaßnahmen für anhaltende Probleme oder neue Fragestellungen zu erarbeiten. Silo-denken oder verfestigte Meinungsbilder lösen sich unter Anleitung einer Moderation leichter auf. Eine bisher schwierige Zusammenarbeit von/mit bestimmten Personenkreisen kann hinterfragt, besprochen und der Weg zu Veränderung eingeleitet werden.
Die Erfahrung eines Perspektivwechsels steigert die Bereitschaft, Veränderungen herbeizuführen. Dazu trägt auch bei, dass meist eine hohe Identifikation mit den Ergebnissen der Workshops entsteht. Weiter fördert interdisziplinäres Arbeiten ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, das im Verwaltungsalltag nur schwer herzustellen ist.
In INTERPART spielten die Fachworkshops eine wichtige Rolle für die Strukturierung der Ko-Forschung und die transdisziplinäre Zusammenarbeit mit den verwaltungsinternen Projektgruppen (ViPs) in Berlin und Wiesbaden. Sie boten uns – teilweise auch unter Beteiligung in das Projekt eingebundener Intermediäre – geschützte Denkräume: für die gemeinsame Konzeption der Forschung und die Reflexion der bisherigen Beteiligungspraxis. Verwaltungsmitarbeiter*innen (mit und ohne Migrationsgeschichte) reflektierten vor dem Hintergrund ihrer Erfahrungen mit interkultureller (Online- und Offline-) Partizipation Barrieren und Stellschrauben für eine interkulturelle Öffnung der Planungsverwaltung und ihrer Beteiligungsprozesse. Dabei wurden unterschiedliche Positionen zur Notwenigkeit von Interkultur in der Verwaltung greifbar.
Die Auftaktveranstaltung – zugleich konstituierende Sitzung der ViPs in beiden Städten – diente der Konkretisierung der Ko-Forschung. Konzept der folgenden Workshops war es, einleitend jeweils den Forschungsstand und den Entwicklungsstand der Instrumente – z.B. der Klingel-Installation – sowie die gemeinsame Beobachtung der Vor-Ort-Interventionen zu diskutieren. Vor dem Hintergrund begrenzter Ressourcen der ViPs für eigene aktive Ko-Forschung stelle das INTERPART-Team bald den ViPs Erkenntnisse aus den Vor-Ort-Interventionen nur noch zur gemeinsamen Interpretation vor. Im zweiten Teil der Workshops betteten wir diese Erkenntnisse in übergeordnete Fragestellungen zur interkulturellen Öffnung ein. Ein zusätzlicher verwaltungsübergreifender Workshop mit den Beteiligten aus beiden Städten gab diesen die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch mit den lokalen Reallaboren und der jeweiligen Beteiligungspraxis. Dieser Workshop übte alle Beteiligten im hybriden Format: Er fand – pandemiebedingt – in Wiesbaden analog teil, unter digitaler Zuschaltung der Beteiligten in Berlin. Der letzte Fachworkshop, zur Validierung der Ergebnisse, wurde ebenfalls aus diesem Grund ersetzt durch ein digitales Erzähl- und Befragungsformat, das allen Beteiligten zwei Wochen zur Bearbeitung zugänglich war.